
Vier Wege zu führen
und was wir von Ichiro Uchiyama lernen können
Ein Blick auf Führungsstile, die mehr mit Menschen als mit Methoden zu tun haben
Führung ist mehr als Technik. Es ist Beziehung. Haltung. Entscheidung.
Und oft auch ein Tanz auf einem schmalen Grat: Nähe zulassen und Distanz wahren, Orientierung geben und Freiraum lassen, kontrollieren und vertrauen.
Der japanische Berater Ichiro Uchiyama beschreibt vier Führungsstile, die sich nicht in Tools und Checklisten fassen lassen, sondern auf Haltungen basieren. Diese vier Formen – Uchi, Soto, Shikata und Kai – bieten einen wertvollen Resonanzraum für Führungskräfte, die sich selbst und ihr Team besser verstehen wollen.
Als Coach für Führungskräfte sehe ich darin nicht nur ein Modell, sondern einen Spiegel. Einen Spiegel dafür, wie wir führen – und warum. Und ich lade dich ein, diesen Spiegel gemeinsam mit mir zu betrachten.
1. Uchi – Gemeinschaft und Zugehörigkeit
„Uchi“ steht für das Innere, das Familiäre. In diesem Führungsstil wird Führung als Beziehung gelebt – die Führungskraft ist Teil des Teams, kennt die Menschen, hört zu, fördert durch Vertrauen. Entscheidungen entstehen gemeinsam oder in Rücksprache, das Wir steht im Vordergrund.
Beispiel aus dem Coaching:
Eine junge Bereichsleiterin erzählt mir, dass sie keine klassischen Mitarbeitergespräche mehr führt. Stattdessen geht sie jeden Mittwoch mit einem anderen Teammitglied zum Lunch. Die Gespräche sind offen, menschlich, nah. Und plötzlich beginnt ihr Team von allein, Verantwortung zu übernehmen.
Verbindung zu New Work:
Dieser Stil greift Prinzipien wie psychologische Sicherheit, Sinnhaftigkeit und Co-Creation auf. Wer Uchi lebt, kultiviert Gemeinschaft – nicht als Kuschelfalle, sondern als leistungsfähige Vertrauensbasis.
2. Soto – Individualität und Distanz
„Soto“ ist das Außen – respektvoll, aber klar getrennt. Hier geht es um Zielorientierung, um Leistung, um individuelle Verantwortung. Die Führungskraft bewertet nach messbaren Ergebnissen, kommuniziert sachlich, bietet Raum – aber wenig emotionale Nähe.
Beispiel aus dem Coaching:
Ein CFO führt mit seinem Team ein System der OKRs ein. Jedes Quartal wird evaluiert, wer seine Ziele erreicht hat. Es gibt wenig Small Talk, aber sehr klare Rückmeldungen. Die Mitarbeitenden schätzen die Klarheit – und wissen: Leistung zählt.
Verbindung zu New Work:
Selbstverantwortung, Autonomie, klare Strukturen in flachen Hierarchien – Soto kann eine Form sein, in der sich gerade selbstgesteuerte Teams wohlfühlen, wenn der Rahmen klar gesteckt ist.
3. Shikata – Form und Ordnung
„Shikata“ bedeutet „die Art, wie man etwas tut“. Es ist der Stil der Prozesse, der Standards, der Hierarchien. Führung ist hier stark reglementiert – durch Rollen, Vorgaben, Protokolle. Abweichungen werden schnell bemerkt und korrigiert. Dieser Stil kann autoritär wirken, ist aber in bestimmten Kontexten notwendig.
Beispiel aus dem Coaching:
Ein Produktionsleiter in der Automobilbranche arbeitet mit Checklisten, Audits und klaren Weisungsketten. Er sagt: „Wenn ich hier loslasse, steht das Band.“ Trotzdem hat er begonnen, das Feedback seiner Mitarbeitenden in die Prozessoptimierung einzubeziehen.
Shikata – mit menschlichem Blick.
Verbindung zu New Work:
New Work ist nicht Chaos. Auch in agilen Settings braucht es Orientierung, Verlässlichkeit und sichere Rahmenbedingungen. Shikata erinnert uns daran, dass Struktur nicht der Feind von Freiheit ist – sondern ihre Voraussetzung.
4. Kai – Wandel und Flexibilität
„Kai“ heißt Veränderung. Führung bedeutet hier: Ermöglichen. Inspirieren. Rahmen schaffen. Entscheidungen werden dezentral getroffen, Fehler sind Lernmomente, Führung passiert oft im Hintergrund. Der Fokus liegt auf Innovation, Selbstorganisation, Dynamik.
Beispiel aus dem Coaching:
Ein Teamleiter im IT-Bereich sagt: „Ich sehe mich nicht mehr als Entscheider, sondern als Möglichmacher.“ Er moderiert Retrospektiven, unterstützt bei Konflikten und schützt das Team vor politischem Druck von oben. Und das Team? Blüht auf.
Verbindung zu New Work:
Kai ist der Herzschlag von Agilität, Lernkultur und evolutionärer Führung. Es ist der Stil, der in Zeiten des Wandels am meisten gefordert ist – und am meisten verunsichert.
Und nun? Was ist der richtige Stil?
Diese Frage höre ich in Coachings oft. Und meine Antwort lautet: Es gibt ihn nicht.
Denn Führung ist kein Entweder-oder.
Sie ist ein Sowohl-als-auch.
Ein Pendeln zwischen Nähe und Distanz, Struktur und Freiheit.
Was Uchiyama uns zeigt, ist kein Rezeptbuch – sondern ein Kompass.
Ein Kompass, der dir als Führungskraft hilft, dich in deiner Rolle zu orientieren.
Und der dir erlaubt, bewusst zu wählen:
- Wann fördere ich Gemeinschaft?
- Wann fordere ich Leistung?
- Wann braucht es Struktur?
- Wann Freiraum?
In einer Welt, die sich immer schneller dreht, ist diese Wahl nicht Luxus – sondern Führung.
Dein Impuls für heute:
- Welcher Führungsstil ist dir am nächsten?
- Welcher fällt dir schwer – und warum?
- Und was braucht dein Team jetzt gerade?
Wenn du Lust hast, deinen eigenen Führungsstil weiterzuentwickeln – und nicht nur auf Methoden, sondern auf Haltung zu schauen – begleite ich dich gerne dabei.
Nicht mit dem erhobenen Zeigefinger, sondern mit wachem Blick und systemischer Tiefe.
Denn Führung beginnt immer bei dir.
Und sie verändert alles.
Interessiert? Dann laß‘ uns dazu sprechen.
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PS: Wenn du diesen Artikel inspirierend fandest, teile ihn gern mit Menschen, die Führung neu denken wollen. Vielleicht beginnt dort schon das nächste Kai.
