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Fehler machen

Wer von euch hat diese Woche richtig gute Fehler gemacht?

Es ist

Es ist Freitag.
Eine Frage: Wer von euch hat diese Woche richtig gute Fehler gemacht?

Nicht diese kleinen, harmlosen, die man in der Kaffeeküche schnell weglächelt. Ich meine die echten, die schwer im Magen liegen. Die, die Konsequenzen nach sich ziehen. Die, bei denen du dir wünschst, die Zeit zurückdrehen zu können – und doch genau an ihnen wachsen wirst.

Die meisten Menschen werden bei dieser Frage innerlich zurückzucken. „Gute Fehler? Gibt es das überhaupt?“
Ja. Und wie.


Fehler – das älteste Werkzeug der Menschheit

Seit etwa 300.000 Jahren trägt die Menschheit ein Werkzeug mit sich herum, das mächtiger ist als Feuer, Rad oder Internet: den Fehler.

Alles, was wir heute beherrschen, alles, was wir erschaffen haben, basiert nicht auf Perfektion. Es basiert auf Irrtum, Scheitern, Versuch und Irrtum – wieder und wieder.

  • Ohne die verbrannten Mahlzeiten unserer Vorfahren hätte niemand gelernt, wie man Fleisch zubereitet.
  • Ohne zahllose gescheiterte Konstruktionen hätte niemand herausgefunden, wie man stabile Brücken baut.
  • Ohne falsch angesetzte Experimente gäbe es kein Penicillin, keine Elektrizität, keine Raumfahrt.

Fehler sind kein Unfall am Rande des Fortschritts. Sie sind der Fortschritt.

Und trotzdem? Wir behandeln sie wie Schandflecken.


Die Angst vor Konsequenzen

Die Formel ist simpel: Fehler → Konsequenzen.
Und genau das ist es, was uns lähmt.

„Das wird Konsequenzen haben!“ – ein Satz, der in Schulen, Unternehmen und Familien wie ein Damoklesschwert über Köpfen hängt. Konsequenzen bedeuten Strafe, Ausschluss, Gesichtsverlust. Fehler werden damit zu etwas, das man um jeden Preis vermeiden muss.

Das Resultat:

  • Menschen hören auf, Fragen zu stellen.
  • Teams wagen sich nicht an neue Ideen.
  • Unternehmen zementieren den Status quo, anstatt Innovation zu fördern.

Wir haben eine Kultur geschaffen, in der das Scheitern gefährlicher erscheint als Stillstand.


Fehler als Mut in Aktion

Doch schauen wir genauer hin:
Jeder Fehler ist ein Beweis für Mut.

Denn jemand hat sich getraut. Jemand hat etwas ausprobiert, ein Risiko genommen, Grenzen verschoben.
Scheitern bedeutet nicht „falsch“. Scheitern bedeutet: So nicht. Aber vielleicht so.

Fehler sind Wegweiser. Sie zeigen, was nicht funktioniert – und eröffnen damit den Raum für etwas, das funktionieren könnte.
Wer nie scheitert, hat auch nie Neues gewagt.

Oder anders gesagt: Fehler sind Mut in Aktion.


Der fatale Vergleich

Ein weiterer Grund, warum wir Fehler fürchten: der Vergleich.

Wir vergleichen uns mit Kolleg:innen, mit Freund:innen, mit vermeintlich erfolgreichen Vorbildern in den sozialen Medien. Der, der keine Fehler macht, scheint immer vorn zu liegen.
Doch das ist eine Illusion.

Vergleiche sind die Mutter allen Unglücks. Sie führen dazu, dass wir uns in Perfektionsfallen verstricken, statt unseren eigenen Weg zu gehen. Wir sehen nur die glänzende Oberfläche der anderen, nie ihre unsichtbaren Fehlversuche.

Die entscheidende Frage lautet nicht: Wer macht weniger Fehler?
Sondern: Wer ist bereit, mehr aus seinen Fehlern zu lernen?


Fehlerkultur im Business: Lippenbekenntnis oder Realität?

In Unternehmen wird viel über „Fehlerkultur“ gesprochen. Auf PowerPoint-Folien liest man Schlagworte wie „Agiles Mindset“ oder „Fail fast, learn faster“.
Doch was passiert, wenn jemand tatsächlich scheitert?

Die Realität sieht oft so aus:

  • Schuldige werden gesucht.
  • Projekte verschwinden still und leise in der Schublade.
  • Mitarbeiter:innen werden abgestraft oder gebrandmarkt.

Das Ergebnis: Angst. Und Angst ist der größte Innovationskiller überhaupt.

Eine echte Fehlerkultur bedeutet etwas anderes:

  • Fehler sichtbar machen – nicht vertuschen.
  • Lernen sichtbar machen – nicht beschämen.
  • Konsequenzen gestalten – nicht bestrafen.

Nur so wird aus einem Fehltritt ein Schritt nach vorn.


Persönlich: Fehler als Lehrer

Wenn ich zurückblicke, sind es nie die glatten, perfekten Momente, die mich geprägt haben. Es sind die Brüche, die Irrtümer, die Fehlentscheidungen.

Ich habe Aufträge verloren, weil ich zu direkt war.
Ich habe Menschen vor den Kopf gestoßen, weil ich dachte, Ehrlichkeit allein reicht.
Ich habe Projekte gegen die Wand gefahren, weil ich zu schnell, zu stur, zu überzeugt von meiner Sicht war.

Und genau diese Fehler haben mir beigebracht, wofür ich heute stehe: für Klarheit, für Mut, für einen systemischen Blick, der das Scheitern nicht als Makel, sondern als Ressource versteht.

Fehler waren nie angenehm. Aber sie waren immer notwendig.


Fehler feiern – aber richtig

„Fehler feiern“ – das klingt nach hippen Start-ups mit Konfetti-Kanonen, wenn ein Projekt scheitert. Doch darum geht es nicht.

Es geht nicht darum, blind zu applaudieren, wenn etwas misslingt.
Es geht darum, die Haltung zu würdigen, die dahintersteht:

  • den Versuch,
  • den Sprung ins Unbekannte,
  • die Bereitschaft, Neues zu lernen.

Ein Team, das Fehler ernst nimmt und dennoch wertschätzt, entwickelt eine Kultur des Vertrauens. Und Vertrauen ist die Grundlage jeder echten Zusammenarbeit.


Von der Angst zur Ressource

Wie also kommen wir raus aus der Fehlerfalle?

  1. Sprache ändern. Statt von „Fehlern“ sprechen wir von „Versuchen“ oder „Hypothesen“.
  2. Reaktionen ändern. Nicht Schuldige suchen, sondern fragen: „Was lernen wir daraus?“
  3. Vorbild sein. Führungskräfte, die eigene Fehler zugeben, machen den Weg frei für Offenheit.
  4. Konsequenzen neu denken. Nicht Strafe, sondern Weiterentwicklung. Konsequenzen müssen lernorientiert sein, nicht angstgetrieben.

Ein radikaler Gedanke

Was wäre, wenn wir Fehler nicht mehr nur tolerieren, sondern gezielt fördern?
Was wäre, wenn wir Scheitern als Investition begreifen – in Innovation, in Mut, in Zukunft?

Dann würde sich die Perspektive drehen.
Dann wären Fehler nicht länger das, was wir verbergen, sondern das, was uns weiterbringt.


Schlussgedanke: Dein Fehler der Woche

Also frage ich dich nochmal: Welche guten Fehler hast du diese Woche gemacht?

Und was genau hast du aus ihnen gelernt?

Denn am Ende gilt: Fehler sind keine Stolpersteine. Sie sind Trittsteine. Ohne sie bleiben wir stehen. Mit ihnen kommen wir weiter.

Vielleicht sollten wir sie nicht länger fürchten.
Vielleicht sollten wir anfangen, sie zu feiern.

Wollen wir über Fehler und deren Möglichkeiten sprechen?
Hier geht es zu meinen Kontaktdaten.

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